Wir Menschen sind ein Teil dieses Planeten, ein Teil dieses gigantischen wunderschönen Ökosystems, dieses Lebewesens Mutter Erde. Die darin befindliche Natur in all ihren Facetten, beinhaltet weit mehr als Bäume, Tiere und Meere, die gut ausschauen – die Natur ist ein wildes, scheinbar chaotisches und nährendes Wesen. Sie hat aufbauende (z.B. Bienen) und abbauende Kräfte (z.B. Pilze die Holz verrotten lassen). Freilich tun gerade viele, die meisten wohl unbewusst, etwas dafür, dass die Natur uns vermutlich als Parasit wahr nimmt. Ein Ökozid ist im vollen Gange, sprich: Das Absterben ganzer Ökosysteme steht kurz bevor, aufgrund unserer Handlungen. Wir haben uns größtenteils von der Natur entfremdet, hören kaum noch ihre Einladungen mit ihr im Einklang zu leben. Diesen Ruf wahr zu nehmen und in uns zu spüren ist von grundlegender Bedeutung. Obgleich ein gewisser Glaube verbreitet ist, die Natur sei ein Sumpf voller Gefahren und wenn die Kinder erst einmal dreckig geworden sind, trotzdem…
…Wir gehören in die Natur!
Die einseitige Denkweise von der Natur als gefährlichen, Katastrophen hervorrufenden und zu meidenden Ort lehnt einen Teil in uns selbst – einen Teil unserer eigenen Natur – irrationalerweise ab. Wir müssen uns wieder mit der Natur verbinden! Es ist unsere heilige Pflicht zu begreifen, wo(mit) wir hier leben. Wir müssen die Natur erfahren um sie wertzuschätzen und schützen zu lernen. Wir müssen uns wieder als einen Teil von ihr erkennen und die Möglichkeit einsehen, dass wir auch in Symbiose (sich gegenseitig helfend) miteinander leben können. Und ja, es lauern Risiken wie Insektenstiche, umfallende Bäume oder weit ab der Besiedelung die Orientierung zu verlieren. Auch das teils unberechenbare Wetter setzt einem da draußen manchmal ordentlich zu. Aber genau das hat auch einen Reiz – es ist einfach unberechenbar. Und genau das macht uns widerstandsfähiger, lässt unsere Sinne schärfer werden.
Nichts überstürzen
Es ist wichtig alles was mensch tut mit einer gewissen Freude und aus innerem Antrieb zu tun. Zwinge dich nicht dazu in die Natur zu gehen, deinen Konsum krampfhaft bio-vegan-regional zu gestalten oder weiteres. Ich möchte dir die vielen Vorteile für dich und dein Umfeld aufzeigen, die mit dieser Lebensweise einhergehen. Die Steigerung deiner Lebensqualität, die damit einhergehende Nachhaltigkeit und die unbezahlbaren Erfahrungen dadurch. Lasse das deinen Antrieb sein.
Klein anfangen
Mit meiner ehemaligen Freundin war ich mal ein paar Tage in den Niederlanden an der Nordsee. Es war genau zu dieser Zeit sehr windig, fast stürmisch. Wir sind die einzigen gewesen, die trotzdem am Strand dem wehenden Sand trotzend einen langen (weil mühsamen) Spaziergang am Meer gemacht haben – ein schönes kleines Abenteuer! Um die Natur zu erfahren muss mensch nicht gleich wie Rüdiger Nehberg auf einem Baumstamm von Europa nach Südamerika fahren. Ich möchte dich umgekehrt fragen: Was für ein Gefühl bekommst du beim Anblick eines ganzen Feldes voller Bärlauch im Frühjahr? Was spürst du an einem milden Sommertag im modrig duftendem Nadelwald?
Was bewirkt es in dir, wenn du einfach dem Orchester der Singvögel lauschst? Was ist das für ein Gefühl, in den Bergen fern ab jeder Besiedelung zu sein? Wie fühlt es sich an, in den Wellen des Meeres zu schwimmen? Faszination, Wertschätzung und Runterfahren!
Sich der Natur und ihrem Schauspiel hinzugeben und darin zu verweilen kann uns Menschen Ruhe, Heilung und Erkenntnis geben. Wir müssen nicht sofort in ein Baumhaus umziehen und uns noch von Wildpflanzen, Insekten und Birkensaft ernähren. Bereits ein (Schreber-)Garten gibt uns einen wunderbaren Zugang zur Natur! Und ja, es ist so weit gekommen. Wir brauchen mehr als nur einen Spaziergang auf ausgetrampelten breiten Wegen in dem sogenannten Rest eines Waldes. Wir sind angehalten uns langfristig mit ihr auseinanderzusetzen.
Gärtnern – Permakultur
Ein so selbstverständlicher Teil unserer Kultur und unseres Daseins wird heute in unseren Breiten nur noch von den wenigsten Menschen praktiziert: Das Gärtnern! Und in den meisten Fällen bauen die Menschen auch kein Gemüse, Obst, Nüsse oder Saaten an, sondern ein nach militärischer Präzision festgelegtes außenarchitektonisches Ziergartensystem. Doch wir brauchen den Kontakt zur Erde mit unseren Füßen, mit unserer Haut mit unserem Wesen. Und das gelingt am besten in der Arbeit im Garten.
Selbst wenn mensch, wie meine Wenigkeit, keinen wirklich eigenen Garten zur Verfügung hat – weil mensch z.B. eine Wohnung in der Stadt bezieht, so gibt es trotzdem Möglichkeiten zum gärtnern. Wie zum Beispiel über urbanes Gärtnern, was immer hipper wird (zum Glück 🙂 ) oder einen eigenen oder geteilten Schrebergarten.
Die immensen Vorteile, die sich dir durch das Gärtnern ergeben liegen auf der Hand. Du bewegst dich im Freien, hast Kontakt zu Mutter Erde, schaffst dir deinen eigenen Raum, z.B. zum Entspannen oder zur Selbstversorgung, „härtest ab“, da der Garten bei Wind, Sonne und Regen bestellt werden möchte. Klar ist es ein wenig Aufwand, aber du investierst in deine Gesundheit und somit deine Zukunft.
Am Besten eignet es sich nach permakulturellen Prinzipien zu arbeiten. Dazu gibt es gute grundlegende Bücher, die sehr verständlich geschrieben sind. Ich kann empfehlen, sich einfach mal Videos von Vamos dazu anzusehen und sich inspirieren zu lassen. Durch Permakultur schaffst du Kreislaufsysteme (z.B. Regenwasser auffangen und im Garten verwenden), lässt Symbiosen entstehen, arbeitest mit den Himmelsrichtungen und deinen Beschaffenheiten. Es hört sich eventuell nach mehr Arbeit an, doch das Gegenteil ist der Fall. Du überlässt der Natur mehr Freiraum und greifst nur gestalterisch ein. Gedeihen tut alles von selbst, während du etwas anderes tust. Und hinterher erntest du die Früchte deiner Arbeit und verbesserst, was nicht so gut funktioniert hat. Versuch macht eben klug! Gärtnern ist ein unendliches Thema und du lernst nie aus. Es gibt immer wieder etwas neues zu entdecken. Und so entedecken wir die Natur direkt vor unserer Haustüre wieder neu für uns! Welch ein Geschenk – nehmen wir es an?
Wie ich die Natur neu zu entdecken begann
Ich durfte in meinem neunzehnten Lebensjahr anfangen die Natur (und meine eigene Natur) mit anderen Augen wahr zu nehmen. Es ist nicht so, dass es mir vorher komplett verborgen war, doch ist der Unterschied, der sich mir ab diesem Lebensjahr offenbarte gewaltig. Ich schaute einen Kurzbeitrag auf YouTube mit dem Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl (ein wirklich toller Mensch). Es handelte von der Brennessel.
Eine Pflanze, von der ich bis dahin dachte, die nesselt mich nur, das tut weh, Abstand nehmen. Dass es eine der nährstoffreichsten (Eisen, Kalium, Kalzium, Vitamin C uvm.), sehr vielseitig einsetzbaren Pflanzen in unseren Breiten ist, die mensch mit den bloßen Händen ernten kann (wenn mensch die Nesseln von unten nach oben mit ihrer Ausrichtung streift – Übung macht die Meisterin!) war mir vollkommen unbewusst. Die Brennessel zeigt nährstoffreiche Böden (viel Stickstoff in diesem Fall), kann in Form von Jauche als Dünger dienen, ist Brutplatz für selten gewordene Insekten (v.a. Schmetterlinge), kann komplett verzehrt werden oder als Tee bzw. Badezusatz verwendet werden, wirkt blutreinigend, unsere Ahnen haben sich damit „ausgepeitscht“ um sich zurück auf den Boden (in die Realität hier und jetzt) zu bringen bzw. verrückt gewordene wieder zu sich zu bringen, zudem hat die Brennessel mythologisch eine Verbindung zum Mars („dem Kriegsgott“) da sie sich mit ihren Nesseln gut zu verteidigen weiß…Welch faszinierende Betrachtung dieser Pflanze! Es war Juni als ich den Videobeitrag von Storl sah. So fuhr ich noch an diesem Tag raus in ein benachbartes Waldstück und erntete Brennesselblätter, aus denen mensch unter anderem blutbildenden/blutreinigenden Tee kochen kann. Was für ein wundervolles Gefühl das war, dieses Stück Natur zu erfahren, neu zu entdecken. Und es hat wirklich funktioniert. Natürlich habe ich mich auch genesselt, aber nur ein paar Mal. Am Folgetag fiel mir auch ein vibrierendes, leicht taubes Gefühl in der Kuppe meines Zeigefingers, mit dem ich die einzelnen Blätter erntete auf. Aber das hilft ja bekanntlich gegen Rheuma. Also, ich lebte danach noch putzmunter und so begann eine neue Liebe. Ich baute eine komplett neue Verbindung zu Mutter Erde und ihrer wunderschönen, komplexen und ja auch gefährlichen Natur auf. Es wäre vermessen, die Natur einseitig zu romantisieren. Doch sie aus völligem Fehlverständnis und Angst heraus durchweg zu meiden halte ich für mindestens genauso gefährlich – diese Menschen wissen garnicht was sie da für einen Schatz unberührt lassen. Außerdem ist es mit der Natur, wie mit allem im Leben. Wir müssen damit eigenverantwortlich umzugehen wissen!
Einfach machen
Es gibt heutzutage immer noch tolle Möglichkeiten die Natur in all ihren Facetten zu erfahren. In wildnispädagogischen Vereinen gibt es zum Beispiel Workshops und Seminare zu Themen wie Spuren lesen, über dem Feuer kochen oder Survival. Wer etwas mehr möchte kann geführte Wandertouren durch Nationalparke mitmachen uvm.
Oder sprecht mich einfach an. Ich biete geführte (Tages-)wanderungen, Waldbaden und gerne auch mehr an. Genauso leite ich auch gerne Kanutouren auf familienfreundlichen Gewässern. So tauchen wir gemeinsam in die Kraft der Natur ein, lernen von ihr und nähren uns in dieser Zeit ganzheitlich. Wir können individuelle Absprachen zur die Durchführung treffen – Ihr seid herzlich willkommen!
Mindestens genauso spannend finde ich es, sich selbst auf den Weg zu machen. Einfach mal einen Tag frühmorgens raus in den nächsten Naturpark und dort den ganzen Tag verbringen oder in einem Boot auf einen See hinaus rudern (nicht mit Motorbetrieb) und dort vor sich hintreiben…
Einen Anfang kann wirklich jede machen, indem sie in einen Teil der Natur ihrer Wahl fährt (am besten möglichst nah an zuhause, aber ohne dass du durch menschliche Aktivität abgelenkt werden kannst) und dort einfach einen Kraftplatz aussucht. Einen Ort der dir besonders gefällt, ganz intuitiv. Dort lässt du dich auf einem Baumstumpf, auf einem Baumast oder einer mitgebrachten Decke/Schaffell (oder oder oder) einfach nieder und nimmst 30 Minuten wahr, was da ist. Bewege dich so wenig wie möglich in dieser Zeit, lausche einfach hin. Lass deine eigenen Gedanken weiterziehen. Habe Vertrauen, dass du sicher und geborgen bist. Falls ungeahnterweise doch eine ernsthafte Gefahr auftritt, solltest du dich natürlich entsprechend verhalten. Aber das versteht sich denke ich von selbst. Diese Methode nennt sich in der Wildnispädagogik Sitzplatz. So einfach wie ihr Name ist auch ihre Anwendung und Wirkung – probiere dich einfach mal aus.
Für weitere Auseinandersetzung, insbesondere mit (den eigenen) Kindern, mit der Neuentdeckung unserer Verbindung zur Natur kann ich wärmstens den Coyote-Führer von Jon Young, Ellen Haas und Evan McGown empfehlen. Eine wunderbare Einführung in Grundprinzipien, Spiele und Herangehensweisen für eine tiefere Verbindung mit der Natur. Die ein jede von uns wirklich gut gebrauchen kann.