Bunt, vielfältig, demokratisch war dieser Tag am 01.08.2020 in Berlin! Welche ein Fest, welche ein Erlebnis. Ein paar Fehlgeleitete waren sicher auch dabei, die fehlen übrigens nie bei (großen) Demos. Diesen Tag und all das Erlebte, darüber Geschriebene und Gesprochene musste ich erste einmal verarbeiten. Die Tatsache, dass so viel über diese Kundgebung berichtet wird zeigt, dass Sie wichtig war. Die Schärfe und Diskreditierung in den meisten Darstellungen führt mir vor Augen, dass wir es offenkundig mit einer ideologisch verzerrten Wahrnehmung zu tun haben. Diese nehme ich allerdings mehr oder weniger auf „beiden Seiten“ wahr.
Bei all dem Palaver um Nebensächlichkeiten und die angeblich so geringe Teilnehmerzahl, verschwimmt oft der Fokus. Was sind die Ziele solcher Massenkundgebungen? Querdenken711 (Veranstalter aus Stuttgart) verlautbart auf seiner Internetseite:
Wir bestehen auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung, insbesondere auf die Aufhebung der Einschränkungen durch die Corona-Verordnung von:
- Artikel 1: Menschenwürde – Menschenrechte – Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte
- Artikel 2: Persönliche Freiheitsrechte
- Artikel 4: Glaubens- und Gewissensfreiheit
- Artikel 5: Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft
- Artikel 7: Schulwesen
- Artikel 8: Versammlungsfreiheit
- Artikel 11: Freizügigkeit
- Artikel 12: Berufsfreiheit
- Artikel 13: Unverletzlichkeit der Wohnung
Wir sind überparteilich und schließen keine Meinung aus – nach Wiederherstellung des Grundgesetzes sind dafür wieder alle demokratischen Mittel vorhanden.
Wir fordern
- alle Parteien auf, Ihr Parteiprogramm auf die neue Lage anzupassen und den Bürgern darzustellen, wie und unter welchen Lebensumständen in der Sonderlage Pandemie zu rechnen ist.
- Neuwahlen im Oktober 2020
Die Versammlungen dienen ausschließlich der Erreichung der oben genannten Ziele.
Die Ziele vom Mitveranstalter nichtohneuns (demokratischer Widerstand) seht ihr hier.
Wir bestehen
- auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung!
- auf die Würde der Alten & der Kranken!
- auf Verhinderung obrigkeitsstaatlicher Schikanen!
- auf Beendigung des Notstands-Regimes!
- auf Wahlen & umfassende Transparenz!
- auf demokratische Regeln für unser künftiges Wirtschaftssystem!
Meine persönliche Zielsetzung geht weit darüber hinaus. Diesen einfachen Grundsätzen fühle ich mich – mit Inhalt gefüllt – vollkommen verpflichtet. Die Ziele implizieren für mich bereits Freiwilligkeit statt Zwang und an Eigeninitiative und Eigenverantwortung zu appellieren – also individuelle Impfentscheidung, freiwilliges Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung und natürlich kein Immunitätsnachweis.
Es geht mir auch insbesondere um die Fähigkeit zum demokratischen Dialog, wertschätzend und möglichst sachlich – in der Gesellschaft, als auch den Medien. Es geht um Verhältnismäßigkeit, von der wir uns als politische Gesellschaft schon lange vor Corona verabschiedet haben. So schaffen wir die Grundlage für direkte Volksentscheide. Mir geht es auch um dezentralisierte und selbstbegrenzte Entscheidungs- und Machtstrukturen in unserer Gesellschaft.
Ein äußerer Wandel kann nur durch einen tief greifenden inneren Wandel erfolgen, weshalb dieser elementar für die Bildung unserer gemeinwohldienlichen Zukunft sein wird. Und ob das Grundgesetz jetzt unserer Verfassung ist, darüber können wir auch gerne streiten und über eine verfassungsgebende Versammlung nachsinnen – wäre nach 1989 doch angebracht oder?
Über den „Tag der Freiheit“ wird schlicht gelogen…
Die sehr gering angegebene offizielle Teilnehmerzahl, die angebliche Verbrüderung mit Rechtsextremen und vieles mehr machen mich äußerst stutzig. Halt, eigentlich machen sie es nicht mehr, wenn ich mir die Veröffentlichungen der letzten Monate (und Jahre in Bezug auf andere kontroverse Themen) ansehe. Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen.
Die Teilnehmer – ein buntes Volk
Nackte, Rollstuhlfahrer, Intellektuelle, Freidenker, Sportler (die danach gefeuert wurden), Trommler, Arbeiter, Mittelstand, Familien, Esoteriker, Friedensaktivisten, Feierwütige, Künstler, Handwerker, Christen, Moslems, Juden, Atheisten, „Q-Anhänger“, Konservative, Kirchliche, Ärzte, Anwälte, Pädagogen…ein Querschnitt der Gesellschaft. Es ist richtig, dass auch eine geringe Anzahl an Kaiserreichs- und Preußenflaggen zu sehen war, aber auch diese Menschen sind nicht pauschal rechtsextrem, wie es versucht wird darzustellen. Ich befürworte einen Ausschluss dieser Flaggen von der künftigen Kundgebung am 29.08. und bin aber für einen Dialog zu haben, worin wir erörtern, warum diese Menschen solche Symbole nach wie vor glauben für „Freiheit“ tragen zu müssen. Wenn dabei Nationalismus, Gewaltbereitschaft und rassistische Strukturen zu Tage treten sollten, haben diese Menschen auf dieser Veranstaltung für Grundrechte nichts verloren. Es ist genausowenig ratsam, gegen diese Menschen zu hetzen. Als ich mit einem von Ihnen sprach, war er der festen Überzeugung, dass wir nur durch Rückbesinnung auf das souveräne Vorkriegskaiserreich (vor 1914) jetzt wieder rechtlich souverän werden könnten. Ich bin nicht seiner Meinung, doch möchte ich hören was er zu sagen hat, genauso wie ich „antifaschistischen Gruppen“ zuhören möchte, um Ihren Standpunkt zu sehen, verstehen und debattieren zu können. Im Idealfall würden diese beiden Ränder der Meinung mal miteinander streiten – aber ob das sachlich und im Dialog möglich sein wird? Ich würde es mir wünschen, denn durch das Miteinander sprechen geben wir dem eine Chance, zueinander zu finden. Und das brauchen wir mehr denn je!
Tagesschau 01.08.2020 meldet übrigens: „Eine bunte Mischung von Menschen die ihre Freiheitsrechte eingeschränkt sehen, Impfgegnern , Corona-Leugnern und Rechtsextremen.“ Was für eine einseitige Wortwahl, immerhin sahen sie Menschen, die für ihre Freiheitsrechte auf die Straße gehen 😀 Im weiteren Verlauf wird auch von 20.000 Teilnehmern gesprochen, dazu gleich mehr.
Ich persönlich habe mich am Tag der Freiheit fast ausschließlich mit angenehmen Leuten unterhalten, habe mich unfassbar wohl gefühlt und bin über den friedlichen Verlauf dieser Demonstration und Kundgebung unendlich froh. Trotz etlicher Provokationen, Diskreditierungen und am Ende sogar Kriminialisierungsversuche (Süddeutsche und Merkur). Ich habe keine Ausschreitungen oder gar Verletzte gesehen, jedwedes nicht-friedliches gewaltausübendes Verhalten (außer Selbstverteidigung) gehört nicht zur Bewegung. Der Umgang mit der Presse darf gerne noch geübt werden. Aber ich kann alle Menschen verstehen, die Lügenpresse rufen, da es, naja, in diesem Fall einfach zutreffend ist. Die Stimmung für solche Bilder wird leider auch geschürt. Zudem wurde bereits um 14:38 Uhr berichtet, der Demozug und die Kundgebung sei aufgelöst worden – das ist schlicht falsch. Der Demozug wurde zu keinem Zeitpunkt aufgelöst, die Kundgebung wurde um 16:50 Uhr aufgelöst. Woher kommen solche Falschmeldungen?
Wie viele waren es denn nun?
Spätestens am 29.08. zum großen Nachzählen werden wir es ja genauer herausfinden. Spass beiseite!
Es kursieren Zahlen von 17.000 Teilnehmern (laut Polizei) bis 1.300.000 Teilnehmern (laut Veranstaltern auf der Demo). Beide Zahlen sind maßlos daneben, könnten aber knapp unter ihrer Mitte stimmig sein. Das ist mein sonstige Berechnung für eine realitätsnahe Abbildung der Teilnehmeranzahl. Angabe Polizei + Angabe Veranstalter durch 2 und wouala! Wären in diesem Fall etwa 640.000 Teilnehmer.
Eine präzisere Berechnung über die Quadratmeteranzahl auf der Straße des 17. Juni findet ihr hier. Sie kommen auf 160.000 – 320.000 Teilnehmer, wobei es einfach nicht genau zu analysieren ist, da viele Menschen auch bis in den Tiergarten hinein verteilt waren oder noch aus dem Demozug nachgekommen sind. Fakt ist: Die Polizei hat die Teilnehmer versucht umzuleiten, weil der angemeldete Demonstrationsplatz überfüllt gewesen sein soll.
Eine 1,8 km lange Strecke mit sechsspuriger Fahrbahn, Platzhalter in der Mitte und breiten Spazierstreifen am Rand soll mit 20.000 Menschen so maßlos überflutet gewesen sein, dass man diese Botschaft an die Demoteilnehmer gerichtet hat? Macht euch gerne selbst ein Bild über die Anzahl der Menschen bei der Demo (die Mitschnitte von unten waren lediglich der Demozug, nicht die endgültige Kundgebung).
Gute Demo, böse Demo
Es ist auffällig, wie einseitig über unsere Kundgebung in Berlin berichtet wurde. Angeblich vordergründig weil wir ein Infektionsgefahr während einer gefährlichen Pandemie mit einem gefährlichen SARS-CoV-2 für die Allgemeinheit sein würden. Genau dieses Narrativ widerlegen wir durch Argumente, aber die möchte man offenkundig nicht wirklich diskutieren. So lenkt man den Fokus auf Nebenschauplätze. Interessant ist, dass bisherige Großveranstaltungen keinen signifikanten Anstieg der Test-positiven-Zahlen zur Folge hatten.
Menschen, die sich bei Black-Lives-Matter (BLM) Demonstrationen positionierten, wo größtenteils (in Berlin) keine Masken getragen wurden und alle dicht beieinander standen (mind. 20.000 Menschen) werden gelobt. Ich wurde übrigens wegen meiner Aktivitäten bei Gemeinsam für Grundrechte Münster auf der hiesigen BLM-Demo in Münster so krumm angemacht, dass ich freiwillig wieder gegangen bin. Kritik an den „fehlenden Hygienemaßnahmen“ der BLM-Demo in Berlin war ein kleines Randthema. Beim „Tag der Freiheit“ wird dies wie ein Verbrechen dargestellt und es werden härtere Maßnahmen bis hin zu Einschränkungen solcher Großdemos gefordert. Zum Randthema wird hier, um welche elementaren Ziele es geht. Wo ist wieder einmal die Verhältnismäßigkeit? Es liegt offenkundig eine ideologisch gesteuerte Medienberichterstattung vor. Oder kann mir das jemand vernünftig erklären? Hier werden Gegenüberstellungen gemacht, die mich persönlich einfach sprachlos lassen. Aber man rechnet mittlerweile sogar damit – es erinnert an die regierungsnahen Berichte über die Demos in der DDR gegen das Regime.
An dieser Stelle sei noch einmal angesprochen, dass ich immer bereit für Dialog bin und mir das gerne erläutern lasse.
Nachtrag vom 15.08.2020:
Die aktuellen Zahlen der positiven PCR-Tests (am 11.08. veröffentlicht vom RKI) zeigen, dass lediglich die Anzahl der Tests (drastisch) erhöht wurde. Die test-positiven-Rate ist nach wie vor bei 1,0% und somit unter der angenommenen Falsch-Positivität (Spezifität) von 1,4% (S. 21 Ringversuch INSTAND April 2020). Wir sind seit 11 Wochen (!) unter 1,4% positiver Tests, was zeigen könnte, dass selbst in dem Ringversuch, welche die Falsch-Positivität von mind. 1,4% hervorbrachte, „unsauberer“ gearbeitet wurde, als in der eigentlichen Praxis der Labore.
Es ist unwissenschaftlich, auf Basis solcher Zahlen noch irgendeine Einschränkung des öffentlichen Lebens zu forcieren (von Empfehlungen abgesehen, die immer sinnvoll sind und waren!). Der 01.08. liegt am Ende der 31 Kalenderwoche, die bereits eine Test-Positivität von 1,0% aufzeigte. Die darauffolgende Woche liegt bei derselben Relation. Somit war der Tag der Freiheit vor 14 Tagen kein Superspreader Event und hat sich nicht auf das test-positiven-Geschehen ausgewirkt. Das bestätigt die Unverhältnismäßigkeit der Auflösung dieser historischen Versammlung.
Gehabt euch wohl und bis zum 29.08. – Frieden sei mit euch!
2 Kommentare
Anni Neuhaus · 17. August 2020 um 7:19
Hallöchen Björn.
Danke für deinen Bericht! Mir persönlich liefen beim Lesen und Videos schauen die Tränen. Seit Monaten der gefühlten aber auch tatsächlichen Einsamkeit, durch meine eigene Meinung, macht es einfach wahnsinnig viel Mut! So wie ich meinen Mut wieder gefunden habe, hoffe ich das es vielen anderen auch so geht!
Ich freue mich am 29.8.2020 dabei sein zu dürfen!
Danke 🙂 an alle die dabei sein werden!
Wir sind viele:)
Liebe Grüße
Anni 🙂
bjoern · 17. August 2020 um 9:37
Liebe Anni,
danke für deine Worte, schön, dass es dich so berührt!
Wir sehen uns am 29.08. in Berlin, bei nur 17.000 Leuten, werden wir uns wohl treffen können 😀
Herzlichst,
björn